Der verschwundene Picasso

Martin Suter – „Allmen und Herr Weynfeldt“

von Frank Becker

Cover: Kobi Benezri
Der verschwundene Picasso
 
Allmen gewinnt einen Freund
 
Als Johann Friedrich von Allmen, dem wieder einmal ob seines sorglos großzügigen Lebensstils die Barmittel (wörtlich zu nehmen) ausgegangen sind, im La Rivière Adrian Weynfeldt begegnet, ist das eine Fügung. Weynfeldt ist ein Mann von Lebensart, jemand, dem aufgrund seines Erbes, er ist Sproß eines Bankiers von Ruf, keinerlei Knappheit droht und der sich in Sachen Kultiviertheit in jeder Hinsicht mit Allmen messen kann - was jedoch beide nicht tun, sind sie doch aus einem Holze. Schließlich haben sie den selben römischen Schneider und wissen sich pointiert über Hotels und Drinks in Guatemala zu unterhalten.
Adrian Weynfeldt ist im Besitz einer kostbaren Gemäldesammlung aus der ihm sein Lieblingsstück, ein Picasso entwendet worden ist – und hier kommt Allmens zur heimlichen Leidenschaft bescheiden heruntergespielte Profession ins Spiel: Allmens Geschäftspartnerin Maria Moreno, eigentlich seine Köchin und Hausmädchen, handelt ein angemessenes Honorar mit Weyenfeldt aus (Allmen selbst würde so etwas niemals tun) und Allmen International Inqiuiries, deren dritter Teilhaber Allmens Diener Carlos ist, auf die Wiederbeschaffung gestohlener Kunstschätze spezialisiert, übernimmt den Fall.
 
Der Kreis der möglichen Verdächtigen aus Weynfeldts Bekanntenkreis aus der Kunst- und Kulturwelt ist groß, Allmens diskrete Ermittlungen und Befragungen gestalten sich als amüsant und die Story als ein Whodunit mit vielfarbigen ironischen Untertönen, denn Weynfeldts bunter Freundeskreis gibt sich zugeknöpft. Nur eine Kunstbuchhändlerin will reden. Mit noch mehr feinem Humor als bisher erzählt Martin Suter die Geschichte zweier Snobs von Stil, erlesenem Geschmack und Eleganz, wobei der Kriminalfall beinahe in den Hintergrund tritt sie aber ebenbürtig den Wert von Freundschaft erkennen. Als jedoch die mögliche Zeugin, die reden wollte, ums Leben kommt, bekommt der Fall eine Wendung: Allmen muß erstmals vermutlich in einem Mordfall ermitteln.
Es ist dank Martin Suters Sprache, seiner feinsinnigen Beschreibung von Orten, Situationen und Personen pures Vergnügen, dem notorisch klammen Herrn von Allmen und seiner Entourage sowie dem eher stillen Herrn Weynfeldt in diesem Abenteuer zu folgen und – bald ahnt man etwas – den Täter mit ihnen zu entlarven.
 
Dank der kongenialen TV-Verfilmungen der Allmen-Romane Martin Suters durch Thomas Berger und deren grandios bildhafter Ideal-Besetzung haben Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch), sein Diener und Geschäftspartner Carlos (Samuel Finzi), Maria Moreno (Isabella Parkinson) und der diskrete Chauffeur Herr Arnold (Roman Smejkal) ein Gesicht bekommen, das man als Leser und Freund der Allmen-Filme natürlich vor Augen hat, schlägt man das Buch auf. Das ist ganz feine Lektüre, in einem Sitz zu verschlingen und zu genießen. Von den Musenblättern empfohlen.
 
Martin Suter – „Allmen und Herr Weynfeldt“
Roman - Serie: Allmen - Band 7
© 2024 Diogenes Verlag, 217 Seiten, gebunden – ISBN: 9783257072792
26,- €
 
Weitere Informationen: www.diogenes.ch